bag if Fachtag setzt neue Impulse zu Anderen Leistungsanbietern
Unter dem Motto „Andere Leistungsanbieter – Quo vadis?“ hat die bag if am 14.11.2017 in Berlin einen Fachtag zu den neuen Anderen Leistungsanbietern im Rahmen des BTHG veranstaltet. Neben Hans-Peter Schell (BMAS), Matthias Münning (BAGüS), Jens Nitschke (BA) und Melanie Glücks (BIH) fanden sich rund 120 Gäste aus Wirtschaft, Fachwelt und Verwaltung im Inklusionshotel Rossi ein, um die Rolle von Inklusionsunternehmen als andere Anbieter zu diskutieren und mögliche Chancen und Risiken zu bewerten.
Nach der Begrüßung durch Dr. Fritz Baur, den 1. Vorsitzenden der bag if, erklärte Hans-Peter Schell (Bundesministerium für Arbeit und Soziales), dass der Gesetzgeber die Anderen Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX-Neu als Alternative zur beruflichen Bildung und Beschäftigung in den Werkstätten für behinderte Menschen geschaffen habe. Der Gesetzgeber habe dabei keine bestimmte Trägerlandschaft vor Augen gehabt. Hinsichtlich der Beschäftigung von anspruchsberechtigten Personen in Inklusionsbetrieben stellte Herr Schell fest: „Diese Menschen gehören auch nicht zu der Zielgruppe der Inklusionsbetriebe. Inklusionsbetriebe können also nicht als andere Leistungsanbieter auftreten in der Form, dass sie diese Menschen einstellen und beschäftigen. Dafür steht das Instrument des Budgets für Arbeit zur Verfügung, dessen ausdrückliches Ziel die Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist.“ Die neue Struktur der anderen Anbieter, die Menschen mit Behinderungen in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis beschäftigen, müsse über die Trägerstruktur aufgebaut werden. Hinsichtlich der Rolle von Zuverdienstangeboten als andere Anbieter verwies Herr Schell auf den in der WVO geregelten Beschäftigungsumfang, konkretisierte aber, dass der Gesetzgeber von einem Mindestumfang von wöchentlich rund 15 Arbeitsstunden ausgehe.
Matthias Münning, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS), führte aus, dass die BAGüS zwar aktuell ein Papier zu den anderen Leistungsanbietern vorbereite, im Moment jedoch noch keine abschließende Bewertung der BAGüS vorliege. In seiner Funktion als Sozialdezernent des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe ergänzte Herr Münning, dass ein weiterer Aufbau arbeitnehmerähnlicher Rechtsverhältnisse für Menschen mit Behinderungen nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar sei und der Fokus auf der Schaffung sozialversicherter Arbeitsplätze liegen müsse.
Jens Nitschke (Bundesagentur für Arbeit) ging näher auf das noch unveröffentlichte Fachkonzept der Bundesagentur für Arbeit ein, die als Rehabilitationsträger im Bereich Berufliche Bildung für die anderen Anbieter zuständig ist. Demnach müssen andere Anbieter im Bereich Berufliche Bildung einen Fachausschuss einrichten und einen Personalschlüssel von 1:6 gewährleisten. Das Fachkonzept sieht u.a. Regelungen zur Beschäftigungszeit, den Personalanforderungen und der sozialpädagogischen Betreuung vor. Für andere Anbieter bestehe zwar keine Aufnahmepflicht, aber Eintritte sollen zeitnah verwirklicht werden. Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt seien ein zentraler Schwerpunkt.
Melanie Glücks (Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen) wog die Chancen und Risiken für Inklusionsunternehmen ab, die als andere Anbieter tätig werden wollen. Für die Eignung als anderer Leistungsanbieter spreche u.a., dass eine Schnittmenge der Zielgruppen besteht und Inklusionsunternehmen große Erfahrung bei der Gestaltung behindertengerechter Arbeit haben. Auf der anderen Seite bestehe die Gefahr, dass Inklusionsunternehmen ihren Charakter als Wirtschaftsunternehmen verändern und eine Verschiebung hin zum Maßnahmeträger stattfindet.
Claudia Rustige, die Geschäftsführerin der bag if, erklärte zum Bereich Berufliche Bildung, dass Inklusionsunternehmen als andere Anbieter die Möglichkeit haben, den eigenen Nachwuchs durch individuelle und passgenaue Angebote auszubilden. Im Bereich Beschäftigung könnten Inklusionsunternehmen als anderer Anbieter beispielsweise Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gezielter vorbereiten. Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass Inklusionsunternehmen ihren Charakter als Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes in Frage stellen. Der Status des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses dürfe zudem nicht dazu führen, dass Menschen mit Behinderungen als preisgünstige Arbeitskräfte in Anspruch genommen werden. Eine mögliche Lösung könne auch die Kooperation mit anderen Leistungsanbietern sein, um Qualifizierungs- und Beschäftigungsplätze zur Verfügung zu stellen.
Im World Café diskutierten die Referenten und Gäste gemeinsam die Rolle der Inklusionsunternehmen als andere Leistungsanbieter und erörterten die Chancen und Risiken. Es wurde deutlich, dass die anderen Anbieter nicht der originären Zielsetzung der Inklusionsunternehmen entsprechen, sie aber dazu beitragen können, das Angebotsspektrum von Inklusionsunternehmen zu erweitern.
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