Gesetzgeber schafft Klarheit zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes
Am 27.03. hat das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ (Wachstumschancengesetz) das Licht der Welt erblickt und wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das von uns und den gemeinnützigen Inklusionsbetrieben lange ersehnte Gesetz schafft endlich Rechtssicherheit in der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Im § 12, Abs. 2 Nr. 8a UstG wird nun klargestellt, dass begünstigte Leistungen auch dann vorliegen, wenn die von dem jeweiligen gemeinnützigen Zweck erfassten Personen entweder Empfänger der Leistung sind oder, wie z. B. bei Inklusionsbetrieben, bei der Leistungserbringung mitwirken.
Änderung in § 12 Abs. 2 Nr. 8
Der § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG wurde um folgenden Satz ergänzt: „Körperschaften verwirklichen mit ihren in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetrieben ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden“.
Hintergrund und Begründung
1) Zur Begründung heißt es: „Die Regelung stellt klar, dass nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG begünstigte Leistungen auch dann vorliegen, wenn die von dem jeweiligen gemeinnützigen Zweck erfassten Personen entweder Empfänger der Leistung sind oder, wie z. B. bei Inklusionsbetrieben, bei der Leistungserbringung mitwirken.“
2) Vorausgegangen war das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Juli 2019 – XI R 2/17: „Mit dem Urteil hat der BFH entschieden, dass die Umsätze, die ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens aus Gastronomieleistungen und der Zurverfügungstellung einer öffentlichen Toilette erzielt, selbst dann nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG ermäßigt zu besteuern sind, wenn diese Leistungen der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gedient haben. Seine Entscheidung begründet der BFH u. a. damit, dass die einzelnen Gastronomieleistungen des Bistros wie auch die Zurverfügungstellung der öffentlichen Toilette in erster Linie den Zwecken der Besucher (Verbraucher) und der Nutzer dienen, die nicht vom gemeinnützigen Zweck der Einrichtung des Klägers erfasst werden.“
3) Mit der Änderung in § 12 Abs. 2 Nr. 8a UstG wird nun klargestellt, „dass für die Anwendung der Steuerermäßigung nicht allein auf den Leistungsempfänger im umsatzsteuerrechtlichen Sinne abzustellen ist. Vielmehr ist nach dem Richtliniengeber eine Gesamtschau vorzunehmen, in die die allgemeine Tätigkeit und die Ziele der Einrichtung als Ganzes – unabhängig vom letztendlich Begünstigten der Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen – einzubeziehen sind.“
Bedeutung für IB
Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Leistungen der Inklusionsbetriebe nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dienen, sondern der Verwirklichung der satzungsgemäßen Zwecke nach § 68 AO. Selbstverständlich müssen die Voraussetzungen des § 68 AO in Verbindung mit dem Anwendungserlass zu § 68 AO weiterhin erfüllt sein. Somit dürften die teilweise existenzgefährdenden Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden der Vergangenheit angehören. Die Änderung trat mit Verkündung am 27.03. in Kraft.
Die Rechtssicherheit im Umsatzsteuergesetz entspricht einer jahrzehntelangen Forderung der bag if und wir sind dankbar für die konstruktive Zusammenarbeit mit den Bundestagsabgeordneten in unserem fachpolitischen Beirat. Dank ihrem Engagement wurde die Unterstützung von Inklusionsunternehmen im Koalitionsvertrag vereinbart und die Änderung in den Gesetzentwurf eingebracht.